Die Schatzinsel

Wer kennt sie nicht: die graue Insel, die einsame Bucht und das alte Wirtshaus zum „Admiral Benbow“, in dem der kleine Jim Hawkins mit seiner Mutter lebt!
Doch plötzlich steht ein alter Seemann in der Gaststube, in seinem Gepäck eine geheimnisvolle Schatzkarte, von der nicht nur er etwas weiß…

So beginnt das lockende Abenteuer, die Bekanntschaft mit dem einbeinigen John Silver und die aufregende Reise mit der stolzen „Hispaniola“ zur verborgenen Schatzinsel …

Ab sieben Jahren
Spielzeit ca. 50 Minuten
Version für Erwachsene: ca. 60 Minuten
Bühne 5 auf 5 Meter, 3,50 hoch
Lichttechnik: Leon Winkler
Schnitzarbeiten: Laurenz Walterfang
Komposition für Akkordeon und Spiel: Michaela Dietl
Regie: Joachim Torbahn

Presse:

Schatten sind schwarz und zweidimensional. Dass dem nicht immer so sein muss, demonstrierte Norbert Götz vom Theater der Schatten in Bamberg eindrucksvoll. In seiner Version der Schatzinsel sind die Schatten farbig und öffnen Räume und Perspektiven. Die Mittel, mit denen Götz arbeitet, sind zwar klassisch schlicht: eine weiße Leinwand, ein paar Figuren und Requisiten und natürlich eine Lichtquelle. Mit der Lichtquelle aber enden die Ähnlichkeiten zum bekannten Schattentheater. Der Unterschied ist so einfach wie genial: Götz bewegt nicht nur die Figuren, er bewegt auch die Lichtquelle. Kleine Ursache, große Wirkung: dadurch „zaubert“ er bislang unbekannte Schatten und Effekte auf die Leinwand.
Die Geschichte von Jim Hawkins ist altbekannt. Wer Robert Louis Stevensons Roman nicht gelesen hat, hat ihn bestimmt verfilmt im Fernsehen gesehen. So aber war die Schatzinsel bisher wohl noch nie zu sehen: als Abenteuer, das die Fantasie zur Wirklichkeit werden lässt. Götz zeigt, wozu ein Schatten fähig ist. Er ist nicht nur Puppenspieler, er ist auch Lichtmeister und Erzähler. Die Bühne ist darum nicht nur das Stück Leinwand. Die Bühne ist alles. Götz taucht hinter den Stoff, wird Schatten. Götz springt hervor, wird sichtbar und Erzähler.
Der Pirat John Silver verwandelt sich, wenn er seine Kameraden zornig anbrüllt, in einen Riesen. Sein Kopf füllt die halbe Leinwand. Der Gegenüber aber schrumpft gleichzeitig, wird winzig klein. Götz malt Gefühle mit dem Schatten. Und so wird auch die Schiffsreise oder der übermäßige Alkoholkonsum eines alten Seemanns zum Spektakel. Mit Licht und Schatten zeichnet er Zerrbilder von Schiff und Zimmer. Hier ist es der Suff, der dem Auge schlingernde Bilder vorgaukelt, dort die tobende See. Wild tanzen die Glühbirne und das Schiffsmodell umeinander und werfen sich überschlagende Schatten. Selbst das Zimmer, in dem der betrunkene Seemann liegt, beginnt zu wanken. Und man sieht Farben. Wo sonst nur schwarz ist.
Spannend war die Geschichte allemal. Vor allem aber, weil Götz mit seinen Geschichten Bilder zeichnete, die selbst im multimedialen Zeitalter nicht alltäglich sind.

Süddeutsche Zeitung, 30.11.2000