Schattensprache

Ein Schatten seiner selbst sein: ein blasses Abbild seiner früheren, lebensvollen Persönlichkeit sein.

Um den Schatten eines Esels streiten: einen Prozess wegen einer nichtigen Angelegenheit führen.

Mit seinem eigenen Schatten fechten: einen eingebildeten Feind bekämpfen

Schattenboxen: ebenso

Man kann nicht über seinen Schatten springen: trotz aller Anstrengungen etwas nicht zuwege bringen, weil es nicht der eigenen Persönlichkeit entspricht

Dem eigenen Schatten nachjagen: etwas Sinnloses tun

Das Reich der Schatten: nach antiker Auffassung der Aufenthaltsort der Verstorbenen

Ein Schattendasein führen: ein kümmerliches, armseliges Dasein fristen

Die Schattenseiten des Lebens: das Unangenehme und Schmerzvolle des Daseins

Beschatten: jemanden heimlich verfolgen oder beobachten

Einen Schatten haben: geistig nicht völlig auf der Höhe sein

Seinen Schatten voraus werfen: etwas wird durch unheilvolle Zeichen angekündigt

In jemandes Schatten stehen: wegen eines anderen nicht die rechte Anerkennung finden

Jemanden in den Schatten stellen: die Leistung eines anderen übertreffen oder ihn in ein „schlechtes Licht“ rücken

Schattennamen

(Auszug aus „Die Entdeckung des Schattens“ von R. Casati)

Sprechen wir von Schatten, so denken wir vor allem an den Umriss, der auf eine Fläche projiziert wird, die dunkle Form, die das Schatten werfende Objekt nachzuahmen scheint. Der Begriff bezeichnet aber nicht nur diese Sorte von Schatten, sondern auch andere damit verknüpfte Phänomene:

Geworfener Schatten: er ist der Schatten im eigentlichen Sinn, der Umriss, die bloße Form.

Schlagschatten: ein durch grelle Beleuchtung eines Körpers entstehender Schatten, der in seiner Wirkung heftig und wuchtig erscheint. Er hebt sich von der ihn umgebenden Fläche durch extremen Helligkeitsunterschied ab. Es entsteht ein starker Kontrast von Hell und Dunkel und in der extremen Reduktion ein Gegensatz von Weiss und Schwarz. Die nachgezeichnete Umrisslinie eines Schlagschattens steht am Beginn der Malerei. Sie stellt den Anfang der Zeichnung dar.

Eigenschatten: der nicht beleuchtete Teil eines Gegenstandes.

Schattierung: der nicht beleuchtete Teil eines Gegenstandes auf einer Zeichnung oder einem Gemälde.

Schattenlinie: die Trennlinie zwischen Licht und Schatten. Je nach Schärfe der Lichtquelle ist sie unterschiedlich breit bis verschwimmend. Am leichtesten abzulesen ist sie am geworfenen Schatten.

Schattenbereich: der dunkle Raum hinter einem von einer Lichtquelle beleuchteten, undurchsichtigen Objekt – mit anderen Worten der „Körper des Schattens“. Auf der Erde ist dieser Raum durch den Einstrahlungswinkel der Sonne begrenzt, das heißt, er erstreckt sich in einem längeren oder kürzeren Winkel von der obersten Stelle des angestrahlten Objektes zur Erde hin. Um so mehr die Sonne den Zenit verlässt, um so länger werden die Schatten. Im Universum variiert er zwischen den Bereichen undefinierbar bis unendlich. Der Nachtschatten der Erde zum Beispiel erstreckt sich unmessbar in den Weltentraum. Das gleiche gilt für alle Planeten.
Im Theater wird er durch die Leinwand begrenzt und dadurch quasi zerschnitten oder geteilt. Jeder Schattenkörper hat unendlich viele Einzelschatten in sich, je nachdem, wo und in welchem Winkel der Schnitt – das Auffangen mit der Leinwand – vollzogen wird.

Kernschatten: ein relativ scharf umrissener, schwarzer Schatten, der durch einen punktförmigen Beleuchtungskörper mit scharfer Strahlenbündelung entsteht. Es gibt hierbei so gut wie keine Streuung des Lichtes. Er ist selten, da die Mehrzahl der Lichtquellen nicht punktförmig ist, sondern flächig.

Halbschatten: er ist der häufig anzutreffende graue Rand um den Kernschatten, der erzeugt wird durch flächige Leuchtkörper wie die Sonne, Kerzen oder Glühbirnen mit Fäden. Wenn wir uns eine nicht punktförmige Lichtquelle als eine Summe punktförmiger Lichtquellen vorstellen, von denen jede ein im Bezug auf die anderen leicht verschobenen Schatten erzeugt, so ist er der Bereich, in den das Licht mancher, aber nicht aller punktförmigen Lichtquellen fällt. Er entsteht also dort, wo noch ein Teil des Lichtes hinkommt, z. B. durch Strahlenbrechung. Dieser Teil erhellt den betreffenden Schattenabschnitt. Im Zusammenhang mit der Erde sprechen wir dann von Dämmerung oder Zwielicht.
Den Kernschatten der Erde, in dem es keinerlei Licht mehr gibt, nennen wir Nacht. Bei ausgedehnten Lichtquellen nimmt mit zunehmender Entfernung vom Hindernis der Anteil des Kernschattens immer mehr ab und der Halbschatten wächst.

Schattenlehre: ein Studium im Mal- und Zeichenunterricht, die das Bildmotiv dem Einfluss des in der Natur stets wechselnden Spiels von Hell und Dunkel entzieht.

Schadografie: eine von Henry Fox Talbot (1800 – 1877) erfundene Technik, eine Vorstufe des Fotografierens: Papier wird in Meersalz und anschließend in eine Silbernitratlösung eingelegt, darauf verteilt man dann in künstlicher Anordnung flache Materialien wie ausgeschnittene Figuren oder Blätter und lässt die freien Stellen vom Tageslicht einschwärzen.

Silhouette: das, was wir von einem Körper sehen, der sich zwischen uns und die Lichtquelle schiebt.

Sprüche

Die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut. (Genesis 1,2)

Der Schatten ist ein Wunder des Geistes. (Casati)

Sehr viele kenne ich, die sich vor dem Schatten mehr fürchten als vor dem, was den Schatten wirft. (A.B.Yehoshua)

Life´s but a walking shadow. (Wiliam Shakespeare)

Eines Schattens Traum ist der Mensch. (Pindar)

Wenn du meinem Schatten unter deinem versteckst, gibt es meinen trotzdem noch, weil er wieder da ist wenn du weg gehst. (Carlotta, 9 Jahre)

Alle Schatten erzählen von der Sonne. (Unbekannt)

Über einen Schatten lässt sich schwerlich urteilen. (Cyrano de Bergerac)

Der Mond zeigt uns ein Schattenspiel. (Casati)

Die Sonne hat einzig ein ungetrübtes Bild von der Welt weil sie nie erblickte den Schatten. (Goethe)

Der Schatten ist mehr als die Unfähigkeit des Lichtes um die Ecke zu leuchten. (Götz)

Die Form eines Schattens ist etwas Besonderes, weil sonst alles, was eine Form hat, materiell ist. Er ist reine Form. (Casati)

Der Schatten ist vielleicht die einzige nicht abstrakte Erscheinung, die wahrhaft zweidimensional ist. (Casati)

Wohin geht der Schatten der Erde? Hört er auf oder verlängert er sich in die Unendlichkeit des Alls? (Unbekannt)

Der innere Widerstand der Materie schenkt uns den Schatten. (Unbekannt)

Der Schatten ist die sichtbare Form der Seele. (Casati)

Die Essenz des Schattens gegenüber anderen Bildern ist seine Lebendigkeit im Hier und Jetzt. (Götz)

Der Schatten ist der Freund der Erkenntnis. (Casati)

Geheime Welten leben in den Dingen, hält man nur ein Licht hinein! (Unbekannt)

Die Welt ist der Schattenwurf Gottes. (Noto Soeroto)

Der Schatten hat mehr Macht als das Licht, denn er kann das Licht abschaffen und die Körper vollends des Lichtes berauben. (Leonardo da Vinci)